Wegbereiter der modernen Physik

Hendrik Antoon Lorentz erfuhr bereits kurz nach seinem Ableben eine philatelistische Würdigung. In der Ausgabe „Voor het kind“ porträtierte ihn die Post auf dem Wert zu 7 ½ Cent, MiNr. 220 (beide Abb. Schwaneberger Verlag).

Hendrik Antoon Lorentz erfuhr bereits kurz nach seinem Ableben eine philatelistische Würdigung. In der Ausgabe „Voor het kind“ porträtierte ihn die Post auf dem Wert zu 7 ½ Cent, MiNr. 220 (beide Abb. Schwaneberger Verlag).

Albert Einstein sprach von „Bewunderung“ und sogar von „Liebe“ für seinen Kollegen, und neben der weltweiten Anerkennung für seine Leistungen in der Theoretischen Physik galt Hendrik Antoon Lorentz als weltnaher und aufgeschlossener Vertreter der wissenschaftlichen Elite seiner Zeit.
Lorentz wurde am 18. Juli 1853 in Arnheim geboren. Seine Bildung nahm schon früh Tempo auf. Die ersten beiden Klassen der Oberschule konnte er gleich überspringen. 1870 begann er sein Studium der Mathematik und Physik an der Universität von Leiden, nur ein Jahr später war es erfolgreich abgeschlossen. Nach vier Jahren, während derer Lorentz an einer Abendschule unterrichtete, folgte im Alter von 22 Jahren noch die Promotion mit einer an James Clerk Maxwell anschließenden Arbeit zur Reflexion und Brechung des Lichts.
An der Schwelle zum 20. Jahrhundert hatte Lorentz in den folgenden Jahrzehnten maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung seiner Disziplin, der Theoretischen Physik. Mit seinen Arbeiten war er dabei zugleich Vertreter der „klassischen“ und Wegbereiter der „modernen“ Physik. Vor allem begründete Lorentz die Elektronentheorie und lieferte mit seinen Erkenntnissen zur nach ihm benannten „Lorentz-Transformation“ entscheidende Beiträge zur Speziellen Relativitätstheorie Einsteins. Diese brachte neben der Planckschen Quantentheorie eine Revolution im (natur-)wissenschaftlichen Weltbild.
Auch wenn Lorentz kein Protagonist dieser Revolution war, stand er mit Einstein stets in einem offenen und von Anerkennung geprägten Austausch.
Gemeinsam mit seinem niederländischen Kollegen Pieter Zeeman erhielt Lorentz 1902 den Nobelpreis für Physik. In ihren Untersuchungen der vergangenen Jahre hatten die beiden die Bedeutung beweglicher elektrischer Ladungsträger für optische und elektromagnetische Phänomene gezeigt. Gegenstand ihrer Forschung war dabei auch der nach Lorentz ehemaligem Studenten benannte „Zeeman-Effekt“.
Aus dem schon in jungen Jahren brillanten Lorentz war bei aller frühen und arbeitsreichen Hingabe an die Physik kein den gesellschaftlichen Belangen entrückter akademischer Eremit geworden. Sein Denken und Handeln reichte weit über den universitären Kosmos, seine Disziplin und bloße Theorie hinaus. Vor allem in der zweiten Hälfte seines Lebens konnte Lorentz dabei seine schon zu Schulzeiten hervorragenden Kenntnisse der französischen, englischen und deutschen Sprachen nutzen und sich einen Ruf als tatkräftiger wie sensibler Organisator erwerben. Nach dem Ersten Weltkrieg engagierte er sich als Mitglied und Präsident des „International Commitee of Intellectual Cooperation“ für die Verständigung und Annäherung der Völker durch Kultur und Bildung. Bis zu seinem Tod stand er sämtlichen „Solvay-Konferenzen“ vor. Benannt nach dem belgischen Geldgeber Ernest Solvay, boten die Kongresse internationalen Forschern aus Physik und Chemie seit 1911 ein Forum für die kooperative Behandlung aktueller wissenschaftlicher Probleme. Dabei war Lorentz auch bemüht, Ressentiments, die der Krieg gegenüber deutschen Physikern erzeugt hatte, zu überwinden und diese in eine internationale Forschungsgemeinschaft zu integrieren. Acht Jahre lang widmete er sich Berechnungen für die Arbeiten an den späteren Zuider-See-Werken, deren Konzeption nach einer Flutkatastrophe an der niederländischen Nordsee im Jahr 1916 verstärkt vorangetrieben wurde.
Trotz seines Ranges und zahlreicher Rufe an andere Lehrstühle blieb Lorentz bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1912 an der Universität Leiden und hielt auch danach an seinen dortigen montäglichen Vorlesungen fest. Nach 1912 betrieb er seine Forschung zudem im institutionellen Kontext von „Teylers Museum“ in Haarlem. Dies war 1784 aus dem Nachlass des vermögenden Haarlemers Pieter Teyler van der Hulst hervorgegangen und stand, so wie Teyler verfügt hatte, im Dienst von Wissenschaft, Kunst und Bildung.

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Schweden ehrte 1962 die Nobelpreisträger von 1902, den Chemiker Hermann Emil Fischer sowie die Physiker Pieter Zeeman und Hendrik Antoon Lorentz.

Eine Verbindung zu Kunst, Museum und Öffentlichkeit bestand auch über Aletta Catharina Kaiser, die Lorentz 1881 geheiratet hatte. Sie war die Tochter des Kunstprofessors Johann Wilhelm Kaiser, der zugleich das Amsterdamer „Rijksmuseum“ leitete. Zusammen hatten sie drei Kinder.
Hendrik Antoon Lorentz starb 1928 im Alter von 75 Jahren. Als Physiker und engagierter Wissenschaftler hatte er seinen Blick auf das bewegte Ganze gerichtet. Als er am 10. Februar in Haarlem beerdigt wurde, nahm das gesamte Land mit einer Schweigeminute Anteil. Einer der Beerdigungsgäste war Albert Einstein.        Marius Prill

Authored by: Marius Prill

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