Der Vielschreiber: Georges Simenon

Der Vielschreiber: Georges Simenon

„Schreiben ist kein Beruf, Schreiben ist so etwas wie eine Berufung zum Unglücklichsein.“

(Georges Simenon)

Heute vor 110 Jahren wurde im belgischen Lüttich der Schriftsteller Georges Simenon geboren. Laut Geburtsurkunde wurde er zwar schon am 12. Februar geboren, doch hatte seine abergläubische Mutter angeblich den tatsächlichen Geburtstermin von 0.10 Uhr auf 23.30 Uhr vordatieren lassen, wie Simenon später berichtete. Der Junge lernte bereits im Kindergarten lesen und schreiben und entwickelte sich früh zu einer wahren Leseratte, im Alter von zehn Jahren lieh er bereits zehn Bücher pro Woche aus der Bücherei aus, darunter Klassiker der Literatur wie Gogol, Dostojewski, Dickens, Shakespeare oder Balzac. Mit 12 Jahren machte er seine ersten sexuellen Erfahrungen, kurz darauf die Bekanntschaft mit Alkohol und Prostituierten.

Georges Simenon auf belgischer Briefmarke aus Block 2003

Georges Simenon auf belgischer Briefmarke aus Block 2003.

Zu seiner Mutter hatte er ein problematisches Verhältnis, seinen Vater liebte und idealisierte er sehr. Schwierig wurde es, als Simenons Vater einen Herzinfarkt bekam und ihm eine geringe Lebenserwartung beschieden wurde. Georges, 15 Jahre alt, hatte nun in die Rolle des Familienernährers hinein zu wachsen. Er verlässt die Schule und wendet sich nach einigen erfolglosen Anfangsjobs dem Journalismus zu. Neben Artikeln schreibt er Kurzgeschichten und einen ersten Roman. Bald wird ihm Lüttich zu klein und Ende 1922 zieht es ihn nach Paris, wo er sich zunächst mit dem Verfassen erotischer Kurzgeschichten unter verschiedenen Pseudonymen über Wasser hält. Wegweisend wird die Begegnung mit der Schriftstellerin Colette, die als Literaturredakteurin von „Le Matin“ seine Arbeiten ablehnt und ihm rät: „Streichen Sie alles Literarische!“

Nachdem er nun seinen eigenen Stil gefunden hat, veröffentlicht er in den nächsten

Kommissar Maigret wurde auch in Nicaragua mit einer Briefmarke gewürdigt

Kommissar Maigret wurde auch in Nicaragua mit einer Briefmarke gewürdigt.

Jahren mehrere hundert Erzählungen in verschiedenen Zeitschriften. Darüber hinaus beginnt er erfolgreich eine immense Produktion von Groschenromanen, von denen er, wieder unter verschiedenen Pseudonymen, etwa 200 auf den Markt wirft. Geld verdient er genug, verprasst es aber mit vollen Händen, besonders den Damen ist er zugetan: Unter den zahlreichen Affären des zweimal verheirateten Schriftstellers finden sich sowohl etliche seiner Hausmädchen, als auch die berühmte Tänzerin Josephine Baker. Simenons großer Durchbruch beginnt 1929, als er die Figur eines massigen Kommissars namens Maigret ersinnt.

 

Auch Frankreich würdigte Maigret 1996 philatelistisch auf einer Briefmarke

Auch Frankreich würdigte Maigret 1996 philatelistisch auf einer Briefmarke.

Der erste „Maigret“-Roman erscheint 1931 unter Simenons richtigem Namen, wird ein Erfolg und Simenon schlagartig berühmt. Schon bald werden die nächsten von insgesamt 75 „Maigret“-Kriminalromanen in verschiedene Sprachen übersetzt und finden ein weltweites Publikum, Schriftsteller aus der ganzen Welt loben seinen nüchternen Stil, die ersten von insgesamt 65 Kinofilmen mit „Maigret“ werden produziert. Im Zweiten Weltkrieg wird Simenon Kommissar für belgische Flüchtlinge, ab 1945 lebt er für zehn Jahre in den USA, kehrt dem Land aber 1955 unter den Eindrücken der Mc-Carthy-Ära den Rücken.

Der vielgereiste Schriftsteller lässt sich schließlich in der Schweiz nieder. wo er den Rest seines Lebens

Jean Gabin als Maigret auf Briefmarke aus Belgien 2003

Jean Gabin als Maigret auf Briefmarke aus Belgien 2003.

verbringt. 1972 gibt er das Schreiben endgültig auf, sorgt aber 1977 noch einmal mit einem Interview für Aufsehen, als er gegenüber Federico Fellini behauptet, mit 10.000 Frauen geschlafen zu haben. Am 4. September 1989 stirbt Simenon in seinem Haus in Lausanne. Sein Werk wurde in mehr als 60 Sprachen übersetzt, und er gehört zu den meistgelesenen Autoren des 20. Jahrhunderts. Auch auf Briefmarken ist er weltweit präsent. Nur den Literaturnobelpreis, den er sich selbst bereits in frühen Jahren prophezeite, hat er nie bekommen, wofür er das Preiskommitee später als „diese Idioten, die mir noch immer nicht ihren Preis verliehen haben“ titulierte…

Authored by: Udo Angerstein

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