Komponist und Herausgeber von Volksliedern

Friedrich Silcher auf Briefmarke von 1989

Die Noten und der Text der „Lorelei“ zieren den Hintergrund von MiNr. 1425.

Friedrich Silcher schrieb vor allem „Lieder“, zugängliche Musik, die nicht nur von professionellen und ausgebildeten Künstlern aufgeführt, sondern die auch Laien umsetzen, vor allem singen konnten. Auch solche Stücke, die der am 27. Juni 1789 im schwäbischen Schnait geborene Silcher nicht selbst komponierte, sondern mit Blick auf das allgemeine Musizieren musikalisch bearbeitete, wurden bald ganz besonders von Chören und Gesangsvereinen in deren Repertoire aufgenommen. Dabei avancierten sie zu gängigen und bis heute bekannten Volksliedern. Der Autor, Arrangeur sowie sammelnde und tatkräftige Herausgeber zahlreicher populärer Melodien wie „Alle Jahre wieder“, bei dem der Text vom Dichter Wilhelm Hey stammt, „Am Brunnen vor dem Tore“, nach Franz Schuberts „Der Lindenbaum“ aus dem Zyklus „Die Winterreise“, und der schwäbischen Weise „Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus“ wirkte nicht nur als freier Künstler. Nicht zuletzt war Silcher auch ein Musik-und Kulturpädagoge, welcher der breiten Bevölkerung musikalische Bildung und speziell den Chorgesang eröffnen wollte. Auch die Förderung des letzteren im kirchlichen und gemeindlichen Zusammenhang war eine Ambition und ein Betätigungsfeld des Protestanten.

Silcher war der Sohn eines Lehrers, und auch er selbst unterrichtete schon als junger Mann im Rahmen privat-häuslicher oder schulischer Anstellungen unter anderem in Ludwigsburg und Stuttgart, bevor er im Alter von 28 Jahren der erste „Universitätsmusikdirektor“ der „Eberhard Karls Universität“ wurde. In diesem Kontext rief der spätere Ehrendoktor der Tübinger Hochschule auch den studentischen Gesangsverein der „Akademischen Liedertafel“ ins Leben, und in Tübingen gründete er außerdem den „Oratorienverein“, in dem gemischter Chorgesang von Frauen und Männern praktiziert wurde.

Dabei, in der Rolle eines Chorgründers und -leiters, welche die des Liedgut anbietenden Komponisten ergänzte, hatte Silcher Einfluss auf die allgemeine Musikkultur. Speziell auf die Gesangsvereine, Männergesangsvereine, die im frühen und mittleren 19. Jahrhundert in deutschen Gebieten entstanden und zu denen noch die studentischen Gesangsvereine kamen, unter denen Silchers Tübinger Liedertafel ein frühes Exemplar darstellte. Daneben veröffentlichte der Freund der „volkspädagogischen“ Vorstellungen des Schweizers Johann Heinrich Pestalozzi, den Silcher noch vor Beginn der 1820er-Jahre auch persönlich kennenlernte, außerdem musiktheoretische und-pädagogische Bücher, die unter anderem auf den Gesangsunterricht in Volksschulen ausgerichtet waren. Silchers erfolgreiche, seit 1825 unter dem Namen „Deutsche Volkslieder“ veröffentlichte Sammlungen waren vor allem, wenngleich nicht nur darauf angelegt, von vier Männerstimmen gesungen zu werden. Neben heimischem Liedermaterial interessierte er sich auch für solches aus dem Ausland und betätigte sich auch diesbezüglich als Herausgeber.
Silcher, seit 1822 mit der Tübingerin Luise Enßlin verheiratet und Vater von drei Kindern, blieb bis wenige Jahre vor seinem Tod im gehobenen Amt des Musikdirektors. Er starb, längst von Sängervereinen und -bünden über Württembergische Grenzen hinaus verehrt, am 26. August 1860.


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Authored by: Marius Prill

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